Was ist neu in DIN EN 12464-1:2021-11?

Die Motivation, der Norm eine neue Gestalt zu geben, waren Kommentare interessierter Kreise zur „alten“ Version, gesammelte Erfahrungen und das Anliegen, auch nichtvisuelle Wirkungen zu berücksichtigen. Die Anforderungen an Wartungswerte der Beleuchtungsstärken haben sich dadurch kaum geändert, die Norm ist nicht strenger geworden.
 


Die Überarbeitung ist schon auf den ersten Blick an der neuen Gestaltung der Tabellen zu erkennen: Sie nennen nun die wesentlichen Kenngrößen für die Auslegung einer Beleuchtungsanlage. Zudem ist ein ganz neues Kapitel über die Planung von Beleuchtungsanlagen entstanden, das den Umgang mit den ausführlicheren Tabellen beschreibt. In einem weiteren neuen Kapitel sind Symbole und Abkürzungen zusammengefasst, um die Lesbarkeit zu erleichtern. Zusätzliche Anhänge bieten ergänzende Informationen zur Anwendung des UGR-Verfahrens, zur visuellen und nichtvisuellen Wirkung des Lichts und zur Raumhelligkeit. Beispiele zeigen, wie die neuen Tabellen angewendet werden können. Damit ist zugleich der Umfang des Dokuments gewachsen: von 55 auf stolze 128 Seiten.

In den Tabellen selbst steht so gut wie nichts Neues – alle hier zusätzlich aufgeführten Größen und Werte waren zuvor bereits in anderen Kapiteln zu finden. Sie sind in die Tabelle überführt worden, um zu verhindern, dass sie im Fließtext untergehen und nicht berücksichtigt werden.

Denn es ist ungewiss, dass immer der gesamte Fließtext zu den Anforderungen an die Beleuchtungsstärken auf Wänden und Decken gelesen wurde. Ist dabei wahrgenommen worden, welche zylindrischen Beleuchtungsstärken schon immer gefordert waren? War jedem bewusst, dass die Wartungswerte der Beleuchtungsstärke erhöht werden sollen, wenn es Gründe dafür gibt?

Jeder kennt wohl noch die Tabellen der Norm von 2011. Darin wurde gefordert:

Weitere Werte, die im Fließtext gefordert wurden:

  •   Zylindrische Beleuchtungsstärken
  •   Beleuchtungsstärken auf Wänden
  •   Beleuchtungsstärken auf der Decke

Nein, all diese Werte sind nicht neu. Sie wurden aber gerne im Fließtext übersehen. In Abschnitt 7 der Norm finden sich jetzt die neu gestalteten Tabellen mit den spezifischen Anforderungen an die Beleuchtung. Das Wesentliche ist auf einen Blick erkennbar – was nicht heißt, dass der restliche Text der Norm unbedeutend ist. Dort sind nach wie vor wichtige Erläuterungen und auch normative Anforderungen zu finden wie beispielsweise die Anzahl der Berechnungspunkte pro Bereich, um etwa die Gleichmäßigkeit (Emin/Ē) korrekt zu ermitteln.

Das nationale Vorwort der Norm

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), konkretisiert durch die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A3.4 „Beleuchtung und Sichtverbindung nach Außen“, gibt in Deutschland Hinweise zum Sicherheits- und Gesundheitsschutz. Zudem beschreiben fachspezifische Schriften der Unfallversicherungsträger sehr anschaulich die Anforderungen an die Beleuchtung und ihre Wirkungen auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Bei der Planung muss immer überprüft werden, ob die Ergebnisse den Anforderungen von ASR A3.4 entsprechen. Beispiel: Ein Arbeitsbereich umfasst größere oder mehrere Sehaufgaben und wird zu einem großen Arbeitsbereich zusammengefasst. Der Umgebungsbereich erstreckt sich dabei größtenteils über den restlichen Raum – zumindest aber bis zum nächsten Arbeitsbereich oder zur nächsten Bewegungszone. Da Norm und Arbeitsstättenregel demselben Grundgedanken folgen, können sie gemeinsam ohne bedeutenden Mehraufwand berücksichtigt werden.

Die Hauptabschnitte der Norm sind:

  •   Abschnitt 3 Begriffe
  •   Abschnitt 4 Symbole und Abkürzungen
  •   Abschnitt 5 Kriterien der Beleuchtungsplanung
  •   Abschnitt 6 Überlegungen für die Planung der Beleuchtung
  •   Abschnitt 7 Verzeichnis der spezifischen Beleuchtungsanforderungen
  •   Abschnitt 8 Überprüfungen
  •   Anhänge

Aufbau der Tabellen aus Abschnitt 7

Zunächst fällt auf, dass drei unterschiedliche Anforderungen formuliert werden:

  •   an die Sehaufgaben oder Tätigkeiten,
  •   an die visuelle Kommunikation und die Erkennung von Objekten sowie
  •   an die Helligkeit der Räume.

Hier ist schon das planerische Grundkonzept zu erkennen: Zunächst muss die Sehaufgabe oder Tätigkeit erfasst werden, dann folgt die Gestaltung des Raums oder Raumbereiches. Schließlich können mehr als eine Sehaufgabe in einem Raum vorkommen. Sind Arbeitsplätze mit unterschiedlichen Anforderungen in einem Raum vorgesehen, was in Industrieräumen häufig der Fall ist, können die Planenden darauf eingehen.

Arbeitsplätze werden zuweilen auch von verschiedenen Personen genutzt, beispielsweise beim Desk-Sharing im Büro oder bei der Schichtarbeit. Auch ihre individuellen Lichtbedürfnisse müssen berücksichtigt werden – etwa persönliche Vorlieben und Dispositionen, insbesondere wenn Mitarbeitende älter sind und mehr Licht brauchen oder gar eine Seheinschränkung haben.

Die Normfassung von 2021 nennt 36 zusätzliche Anwendungen. Alle Tabellen wurden neu nummeriert.

Bereich

Neue Anwendungen

Verkehrszonen

 

Bereiche vor dem Lift
Gebäudeeingang mit Vordach
Durchgänge (bemannt)

Pausen-, Sanitär- und Erste-Hilfe-Räume

 

Gesichtsbeleuchtung vor Spiegeln
Allgemeine Beleuchtung

Kontrollräume

Nachsortierung, Schaltanlage

Logistik und Lager

 

 

 

 

 

Entlade-/Ladebereiche
Verpackungs-/Gruppierungsbereiche
Konfigurations- und Auslieferbereiche
Offene Warenlager
Regallager – Boden
Zentraler Korridor der Logistik (starker Verkehr)
Automatisierte Zonen (unbemannt)

Automobilbau und -reparatur

Formwerkstatt – große Teile
Formwerkstatt – Sichtprüfung

Feinarbeiten:
- Montage von Unterteilen (Türen, Armaturenbrett, Polsterung)
- Montage unter dem Fahrgestell
- Motor und mechanische Montage
- Endmontage-Förderlinie

Feinarbeiten: Arbeiten mit Elektrik

Allgemeine Dienstleistungen, Reparatur und Prüfung

Büros

Konferenztisch

Verkaufsflächen

 

Lagerbereich
Umkleide-/Anprobenraum

Bibliotheken

Allgemeinbeleuchtung

Parkplätze (innen)

Parkplätze – öffentlich zugänglich mit einer großen Anzahl von Nutzern, z. B. Einkaufszentren, Arenen

Bildungseinrichtungen

 

 

Teilnahme an Vorträgen in den Sitzbereichen der Hörsäle und Auditorien
Anzeigetafel
Licht im Podiumsbereich

Bahnanlagen

Vollständig umschlossene Bahnsteige mit mittlerem Personenaufkommen
Vollständig umschlossene Personenunterführungen mit mittlerem Personenaufkommen
Treppen, Rolltreppen mit mittlerem Personenaufkommen
Treppen, Rolltreppen mit hohem Personenaufkommen
Montagearbeiten in Wartungshallen – grob
Montagearbeiten in Wartungshallen – mittel
Montagearbeiten in Wartungshallen – fein
Montagearbeiten in Wartungshallen – Präzision
Verkehrsflächen in Wartungshallen für Schienenfahrzeuge (mit zusätzlichem Fahrzeugverkehr)

Eine Tabelle mit Werten finden Sie im Heft licht.forum 60, Seite 38 bis 39.

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