Mit der Norm planen

Es sieht möglicherweise auf den ersten Blick so aus, als ließe die Norm Planende mit einer Flut von Tabellenwerten und Kenngrößen allein. Dem ist nicht so.

 

Das zeigt der neue Abschnitt 6 „Überlegungen für die Planung der Beleuchtung“, er behandelt:

  • Beleuchtung des Bereichs der Sehaufgabe oder Tätigkeit und seines unmittelbaren Umgebungsbereichs
  • Beleuchtung des Raumes
  • Einstellbarkeit des Beleuchtungssystems
  • Wartungsfaktor
  • Anforderungen an die Energieeffizienz
  • Ergänzende Vorteile von Tageslicht
  • Variabilität des Lichts
  • Raumhelligkeit

Schritt für Schritt beschreibt die Norm das Vorgehen bei der Planung. Wir wenden es beim nachfolgenden Beispiel an: Der Planer wählt zunächst die Anwendung und dann die Sehaufgaben und Tätigkeiten aus und ordnet sie den Größen der Bereiche zu. Lage und Größe müssen dokumentiert werden. Trifft ein Argument aus Tabelle 1 zu, um die Wartungswerte der Beleuchtungsstärken um eine oder zwei Stufen zu erhöhen, können modifizierte Werte angesetzt werden. Anschließend werden die Anforderungen an den Raum, also an die Wartungswerte der Beleuchtungsstärken auf Wänden und Decke festgelegt – angepasst an die Sehaufgabe mit den höchsten Anforderungen. Nun wird die zylindrische Beleuchtungsstärke ermittelt. Es empfiehlt sich, die Modifikation auch entsprechend auf die zylindrische Beleuchtungsstärke und die der Wände anzuwenden. Für die Beleuchtung des Raumes ist der strengste UGR-Wert aus der gewählten Sehaufgabe heranzuziehen – zumindest für das Sichtfeld der entsprechenden Arbeitsplätze.

Einstellbarkeit des Beleuchtungssystems

In nahezu allen Fällen ist es sinnvoll, die Beleuchtungsanlage mit einer Lichtsteuerung einstellbar zu machen. Die Norm nennt gute Gründe dafür: Neben der Lichtqualität ist die Energieeffizienz einer. So kann zu gegebener Zeit die elektrische Beleuchtung reduziert und Tageslicht genutzt werden.

Eine Beleuchtungsanlage, die auf modifizierte Beleuchtungsstärken ausgelegt ist, ermöglicht es somit auch, Aktivierung am Tag zu fördern und genügend Raum für die nichtvisuellen Wirkungen des Lichts zu schaffen. Ihre Vorteile werden im Anhang B der Norm erläutert.

Über eine einstellbare Anlage kann Helligkeit sowie ähnlichste Farbtemperatur verändert, zwischen verschiedenen Lichtszenen gewählt und situativ das Licht angepasst werden. Die Bediengeräte sollten die Auswahl der verschiedenen Lichtsituationen verständlich und intuitiv ermöglichen, sprich, es sollten nachvollziehbare Szenennamen gegeben werden.

Heft licht.wissen 21 Leitfaden Human Centric Lighting (HCL) vermittelt planerisches Fachwissen und stellt typische Anwendungsfälle vor.

Abschnitt 6.2.4 der Norm zählt die Vorteile auf: „Ein anpassungsfähiges System stellt sicher, dass:

  •   der Nutzen des verfügbaren Tageslichts maximiert wird;
  •   die Belegung des Raumes berücksichtigt werden kann;
  •   Änderungen der Sehaufgaben berücksichtigt werden können;
  •   Änderungen der Präferenzen, Bedürfnisse oder Anzahl der Anwender berücksichtigt werden können.“

Natürlich sollte ein erhöhter Wert auch per Lichtsteuerung zu reduzieren sein. In die Überlegungen für die Planung muss zudem der Wartungsfaktor einbezogen werden. In einigen Abschnitten wird das Prinzip betont, „Energieeinsparung darf nicht zu Lasten der Lichtqualität gehen“ und an die Vorteile des Tageslichts sowie die Variabilität des Lichts erinnert.

Energieeffizienz

Nach Abschnitt 6.4 können Energieeinsparungen mit folgenden Maßnahmen erzielt werden:

  •  Tageslichtnutzung
  •   Reaktionen auf Belegungsmuster
  •   Verbesserung der Wartungseigenschaften der Anlage
  •   Nutzung aller Steuerungsoptionen

Die Norm betont: „Die visuellen Aspekte einer Beleuchtungsanlage dürfen nicht beeinträchtigt werden, nur um den Energieverbrauch zu senken.“

Ergänzende Vorteile von Tageslicht

Sonnenlicht hat auf die körpereigenen Rhythmen einen großen Einfluss: Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und Motivation hängen eng mit der lebendigen Atmosphäre des sich ständig verändernden Tageslichts zusammen. In Abschnitt 6.5 wird betont, dass Tageslicht Innenräume mit einer beachtlichen Menge Licht versorgen kann. Gleichzeitig steht es für eine hohe Farbwiedergabe, variable Helligkeit, Richtung und Spektralzusammensetzung im Laufe des Tages sowie nach Jahreszeit. Messgrößen für die Bewertung des Tageslichts in Innenräumen legt DIN EN 17037 fest.

Variabilität des Lichts

Die Variabilität beschreibt Abschnitt 6.6 der Norm. Sie ist wichtig in Räumen mit langer Aufenthaltsdauer, etwa Klassenräume, Räume im Gesundheitswesen, Büros und Produktionsräume. Nichtvisuelle Beleuchtungsstärken und nichtvisuelle Wirkungen hängen ab von der Stärke und dem Zeitpunkt der Lichtexposition, der spektralen Leistungsverteilung, Belichtungsdauer und den persönlichen Parametern, wie unter anderem dem circadianen Rhythmus. Mit einer Kombination von Tageslicht- und elektrischer Beleuchtung können diese Ziele durch ein geeignetes Lichtmanagementsystem erreicht werden. Weitere Informationen zu nichtvisuellen Aspekten sind in Anhang B enthalten.

Der komplette neue Abschnitt 6 kann als kleine Anleitung für die Lichtplanung verstanden werden. Er zeigt, dass gute Lichtgestaltung einen deutlichen Mehrwert bietet – und dabei normgerecht ist.

Der nach den Anforderungstabellen in Abschnitt 7 folgende Abschnitt 8 der Norm hat den Titel „Überprüfungen“. Ziel einer Beleuchtungsplanung nach DIN EN 12464-1 ist die Entwicklung und Umsetzung einer für die Anforderungen des Anwenders ausgelegten Beleuchtungslösung, die über den gesamten Nutzungszeitraum die Anforderungen erfüllt.

Dafür müssen bereits in der Planungsphase die Kriterien der Beleuchtung richtig ausgewählt, angewendet und bei der Leuchtenauswahl und deren Anordnung überprüft werden. Genauso wichtig ist es, nach Installation der Beleuchtungsanlage die Umsetzung der vom Planer getroffenen Festlegungen zu prüfen, zum Beispiel über die Ermittlung der Beleuchtungsstärke, Lichtfarbe und Farbwiedergabe. Können Lichtfarbe, ähnlichste Farbtemperatur und Farbwiedergabe nicht ermittelt werden, ist es möglich, sie den Produktinformationen der Hersteller zu entnehmen.

Wartungsfaktor und Wartungsplan

Entsprechend Abschnitt 6.3 muss der Planende die Intervalle für Reinigung und Wechsel für Leuchten und Leuchtmittel im Wartungsplan erfassen – die dann natürlich auch im Betrieb der Anlage beachtet und eingehalten werden müssen.

Der von ihm erstellte Wartungsplan beruht auf Annahmen und Erfahrungen zu den vorherrschenden Umgebungsbedingungen und Nutzungszeiten. Sie können im Betrieb jedoch abweichen. Die Wartungswerte der Beleuchtungsstärke entsprechen dann nicht mehr den getroffenen Annahmen, sie können schlechter oder auch besser sein.

Die Beleuchtungsstärkemessung bietet eine einfache Überprüfung, ob sie eingehalten werden kann. Ein Messraster dafür wird in Abschnitt 5.4 beschrieben. Es sollte darauf geachtet werden, dass die verwendeten Beleuchtungsstärkemessgeräte kalibriert sind. Die aus den Messwerten errechnete mittlere Beleuchtungsstärke und die Gleichmäßigkeit dürfen unter Berücksichtigung des zum Messzeitpunkt gültigen Wartungsfaktors nicht die in der Norm angegebenen Wartungswerte unterschreiten.

Erfüllung des Wartungsplans

Nach Abschnitt 6.3 muss der Planer einen Wartungsplan erstellen. Er wird häufig im Zuge routinemäßiger Wartungs- und Reinigungsintervalle umgesetzt, die Einfluss auf die Produktionsqualität haben – beispielsweise in der Industrie oder in Gesundheitseinrichtungen. In anderen Bereichen stehen die Wartung und damit verbunden die Umsetzung des Wartungsplanes kaum im Fokus, etwa in Verwaltung, Schulen oder Arztpraxen. Hier ist bei Inbetriebnahme besonders für regelmäßige Reinigungsarbeiten auf Basis des Wartungsplans zu sensibilisieren.

Dazu zählen:

  • Regelmäßige Nachmessung der Beleuchtungsstärken im Raum
  • Regelmäßige Reinigung der Leuchten und gegebenenfalls Sichtkontrolle auf Beschädigungen und Ausfälle
  • Stark verschmutzte Raumoberflächen beeinträchtigen die Raumhelligkeit und ein frischer Anstrich ist zu empfehlen.

Zum Lighting-System-Design-Prozess (LSDP) gehört auch die regelmäßige Überprüfung, ob die Anforderungen nach DIN EN 12464-1 eingehalten werden.

Lighting-System-Design-Prozess

Der Lighting-System-Design-Prozess (LSDP) ist ein Planungsprozess für Beleuchtungssysteme. Er wird in der Technischen Spezifikation DIN SPEC 67503 beschrieben. Grundlegende Planungserwägungen für gute und energieeffiziente Lichtqualität gehen dabei ein in Installation, Inbetriebnahme und Betrieb einer Beleuchtungsanlage, die möglichst umfassend die Anforderungen der Nutzer erfüllt. Dazu gehört auch eine Risikoanalyse für die Sicherheitsbeleuchtung. Der Prozess unterstützt die Umsetzung von Regulierungsmaßnahmen und die Entwicklung von Prüfanforderungen.

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