Praxisbeispiel: Biologisch wirksames Licht in Schule und Bildung

Wer lernt, braucht gutes Licht zum Sehen. Studien belegen, dass sich eine biologisch wirksame Beleuchtung positiv auf das Lernverhalten auswirkt und den Schülern dabei hilft, aufmerksamer und konzentrierter zu arbeiten.

Wenn um 8 Uhr morgens die Schulglocken zur ersten Unterrichtsstunde läuten, sind die meisten Schüler noch halb im Schlafmodus. Der frühe Schulbeginn ist vor allem für junge Schüler oft schwierig zu bewältigen, viele sind noch müde und wenig motiviert zum Lernen. Eine circadian wirksame Beleuchtung kann helfen, ihrem Schlaf-Wach-Rhythmus die notwendigen Impulse zu geben:

  • Schüler sind morgens wacher und damit
  • deutlich leistungsstärker.
  • Ihre Konzentration und Merkfähigkeit steigt,
  • die Fehlerquoten sinken signifikant.

Lichtstimmungen

  • Wählt die Lehrerin zu Beginn der ersten Stunde z. B. die Einstellung „aktivieren", macht tageslichtweißes Licht mit einer Farbtemperatur von 12.000 Kelvin und 650 Lux Beleuchtungsstärke die Schüler munter.
  • Die Einstellung „konzentriertes Arbeiten" unterstützt Konzentration und Leistungsfähigkeit mit etwa 1.000 Lux und einer Farbtemperatur von 6.000 Kelvin, die dem natürlichen Tageslicht sehr nahe kommt. Das hilft bei wichtigen Rechen- und Schreibaufgaben oder bei Klausuren.
  • Wird es unruhig in der Klasse, wählen Lehrer den Menüpunkt „beruhigen": Das Licht wird auf rund 300 Lux gedimmt, die Farbtemperatur sinkt auf 2.700 Kelvin. Das warmweiße Licht sorgt dafür, dass Schüler in Gruppendiskussion, nach Klassenarbeiten oder hektischen Schulstunden „herunterfahren" können.

Ergebnisse

  • Leseverständnis und Lesegeschwindigkeit stiegen um bis zu 30 Prozent.
  • Ihre Fehlerquote sank bei zwei nacheinander durchgeführten Tests um 45 Prozent; die Kontrollgruppe hingegen verbesserte sich unter normaler Beleuchtung nur um 17 Prozent.
  • Zugleich sank die motorische Unruhe bei der Einstellung „beruhigen" bereits nach acht Minuten um 75 Prozent. Die Kontrollgruppe beruhigte sich im gleichen Zeitraum um nur etwa zehn Prozent.

Gleichzeitig haben die Wissenschaftler beobachtet, dass die Schüler aus den circadian beleuchteten Klassenzimmern friedfertiger und umgänglicher waren. Insgesamt entspannt dynamisches Licht Stresssituationen für Schüler und Lehrer – mit dem Ergebnis, dass beide Seiten bessere Leistungen erbringen können.

Planungsempfehlung

Für konzentrierte Arbeiten im Klassenzimmer empfiehlt DIN SPEC 67600 höhere Beleuchtungsstärken und eine Farbtemperatur von mindestens 5.000 Kelvin. Die aktivierende Beleuchtung unterstützt die Aufmerksamkeit der Schüler, z. B. bei Klassenarbeiten oder bei Leseaufgaben.

Für eine entspannte Lernatmosphäre, z. B. bei Gruppenarbeiten, sind ein geringeres Beleuchtungsniveau und eine Farbtemperatur von höchstens 3.000 Kelvin sinnvoll. Diese Lichtsituation hilft auch, Bewegungsunruhe zu reduzieren.

Zu Beginn des Unterrichts kann biologisch wirksames Licht genutzt werden, um die circadiane Phase der Schüler mit dem natürlichen Rhythmus des Tages zu synchronisieren. Auch beim Abendunterricht kann diese aktivierende Wirkung genutzt werden. Hier ist jedoch darauf zu achten, dass spätestens zwei Stunden vor Schlafbeginn nur noch Licht mit geringer biologischer Wirkung zur Verfügung stehen sollte; also warme Lichtfarben in reduzierter Helligkeit.

Studie in Ulmer Gymnasien bestätigt positive Wirkungen

Eine ähnlich aufgebaute Studie an zwei Ulmer Gymnasien bestätigte 2012 die positiven Ergebnisse aus Hamburg. Dabei wurden Jugendliche im Alter zwischen 17 und 20 Jahren sowohl in einem Klassenzimmer mit biologisch optimierter Beleuchtung als auch in einem Raum mit herkömmlichem Licht unterrichtet. Die Schüler mussten mehrere standardisierte Leistungs- und Aufmerksamkeitstest absolvieren.

Der Klassenraum mit optimierter Beleuchtung wurde mit abgependelten LED-Leuchten (blaue und weiße LED) ausgestattet, die unabhängig voneinander angesteuert werden konnten und im Zusammenspiel eine sehr hohe Farbtemperatur von bis zu 14.000 Kelvin – tageslichtweißes Licht – erreichten. Die Leuchten gaben ihr Licht sowohl direkt als auch indirekt in den Raum ab. Eine integrierte Lichtsteuerung sorgte dafür, dass die Farbtemperaturen dynamisch im Tagesverlauf angepasst wurden. Die herkömmliche Standardbeleuchtung mit Leuchtstofflampen erreichte eine Farbtemperatur von 4.000 Kelvin. Die Beleuchtungsstärke war in beiden Klassenzimmern gleich: 700 Lux horizontale Beleuchtungsstärke auf der Tischoberfläche und 300 Lux vertikale Beleuchtungsstärke in Augenhöhe.

Das Ergebnis war durchweg positiv: Unter dem Einfluss der biologisch wirksamen Beleuchtung waren die Schüler deutlich konzentrierter. Sie arbeiteten schneller und zeigten bessere Leistungen.

Abends müde, morgens fit

Die Schüler aus beiden Gruppen führten zudem ein Schlaftagebuch. Es zeigte sich, dass alle Schüler vergleichbar viele Stunden geschlafen haben. Bei Schülern, die tagsüber bei Licht mit höheren Blauanteilen gearbeitet haben, hat sich der Schlafrhythmus allerdings verlagert: Sie gingen abends früher zu Bett und waren morgens ausgeschlafen und fit. Dies zeigt, dass der Schlaf-Wach-Rhythmus und die Lichthistorie bei Schülern wichtige Einflussgrößen für den Lernerfolg sind.

Die besten Effekte erzielt eine biologisch wirksame Beleuchtung , wenn sie langfristig eingesetzt wird und das circadiane System nachhaltig stabilisiert. Aber auch kurzfristig zeigen sich positive Ergebnisse: So fördern kurze „Lichtduschen“ mit hohen Blauanteilen nachweislich die Konzentration im Unterricht.

Licht auch zur Beruhigung

Nicht nur für die Aktivierung, auch für die Beruhigung spielt dynamisches Licht eine wichtige Rolle. Warme Lichtfarben und eine gedämpfte Beleuchtung tragen zu mehr Ruhe in Gruppendiskussionen und zur Entspannung nach Klassenarbeiten bei. Erfolgreich werden solche beruhigenden Lichtstimmungen auch in der Therapie bei Jugendlichen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADHS) eingesetzt.

Bei der Planung einer biologisch wirksamen Beleuchtung muss das Alter der Schüler und der Anwendungszeitpunkt berücksichtigt werden: Kinder und Jugendliche haben andere Lichtbedürfnisse als Erwachsene, die häufig in den Abendstunden unterrichtet werden.

Zurück